Ich bin nicht krank sondern schwanger - wie schnell man zum medizinischen "Fall" wird

12.08.2015 12:29

Hinter mir liegt eine nervenaufreibende Woche, die mir noch immer durch den Kopf geht und so manche Frage aufwirft. Warum ist der Zustand der Schwangerschaft eigentlich zu etwas grundsätzlich Gefährlichem und Schwierigen geworden? Warum sind wir "in Behandlung" statt auf diesem Weg "begleitet" zu werden? Und warum ging es mir nach einer Woche intensiver medizinischer Betreuung soviel schlechter als vorher?

Die Woche startete mit einem Termin bei meiner Hebamme. Nachdem sie sich über meinen seelischen Zustand informiert hatte (mir ging es nach wie vor blendend und ich fühlte mich sehr wohl in meiner Haut und mit dem Baby) und wir einige natürliche Wege zum Bekämpfen diverser Zipperlein besprochen hatten, prüfte sie durch Bauchtasten die Lage des Babies und seine Entwicklung im Vergleich zum letzten Mal. Und natürlich die Herztöne. Alles wunderbar, alles genau richtig für meine Woche.

Zuversichtlich und guter Laune nahm ich am nächsten Tag meinen Termin beim Arzt wahr. Nach dem CTG sollte ich nicht wie üblich gleich durch zum Behandlungszimmer gehen, sondern erstmal ins Wartezimmer. Das war eher ungewöhnlich. Nachdem mich mein Arzt mit der üblichen Floskel "Na, geht's einigermaßen?" begrüßt hatte (NOCH verkneife ich mir jedes Mal einen bissigen Kommentar wie "es ist die Hölle auf Erden, aber ich bin ja selber Schuld, was?!") sagte er mir schließlich dass es beim CTG wohl zweimal einen leichten Abfall der Werte gegeben hatte und er sich deshalb via Doppler-Ultraschall vergewissern würde ob da alles passt. Mit dem Doppler fand er dann auch schnell einen Wert, der "außerhalb der Norm" lag, es ging um den Nabelschnurwiderstand. Hier möchte ich kurz erwähnen, dass ich bisher eine vollkommen problemlose Schwangerschaft hatte, in der mich mein Arzt bereits zweimal wegen Werten "an der oberen Grenze" oder "außerhalb der Norm" zur weiteren Kontrolle in ein Krankenhaus geschickt hat... Beide Male war alles gut. Natürlich machte ich mir aber auch diesmal Sorgen - klar will man keinen Wert der außerhalb der Norm liegt... Obwohl mein Gefühl für den Bauch und das Baby völlig in Ordnung war, und auch ein zweites CTG wunderbare Werte lieferte, gab mir das einen ziemlichen Dämpfer. Der Vorschlag für das weitere Vorgehen - im Krankenhaus checken lassen. In welchem Zeitrahmen soll das passieren? Wie schnell könnte sich die Situation verschlechtern? "Die nächsten Tage irgendwann checken lassen.." War die präzise Antwort. Ach ja und übrigens ist er jetzt die nächsten 3 Wochen auf Urlaub, nächster Termin bei ihm also erst Ende des Monats. Keine Erwähnung der Vertretung, kein Rat was zu tun war wenn sich hier eine Katastrophe anbahnt, nichts... Ab in den Urlaub!

Was folgte waren Krankenhaus-Telefonate um einen Termin "in den nächsten Tagen" zu bekommen. Ich war in drei verschiedenen Krankenhäusern, es wurden 5 weitere CTGs geschrieben und 4 weitere Doppler-Untersuchungen gemacht. Nur bei den ersten beiden war der Wert weiter erhöht. Das Schlimmste an der ganzen Odyssee war der Termin im Klinikum Traunstein. Unfreundliche, genervte Ärzte und Hebammen, bei welchen man mit kritischen Nachfragen nach Sinn und Zweck mancher Behandlungen scheinbar ihr Weltbild vom gottgleichen Mediziner ins Wanken bringt - worauf sie mit patzigen Antworten und großer Entrüstung reagieren. Ich kam dort an, die Hebamme meinte laut Ärztin wäre ein weiteres CTG überflüssig... Die Ärztin machte einen Doppler-Ultraschall und fand alle Werte perfekt vor - bis auf eben diesen einen Wert "an der oberen Grenze". Daraufhin teilte sie uns mit, mich übers Wochenende stationär aufnehmen zu wollen um dreimal täglich ein CTG zu schreiben. Warum man denn heute ein CTG nicht für notwendig hielt, die nächsten Tage aber dringend drei pro Tag notwendig wären, wollte ich wissen. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war sie es überhaupt nicht gewohnt NACHFRAGEN auf ihre Anordnungen zu bekommen. Jaja wir würden dann schon noch eins schreiben... Ich verstand außerdem nicht, warum ich drei Tage bei 40 Grad und ohne Klima ertragen sollte, nur um dreimal am Tag ein CTG zu schreiben, wo doch die letzten vier allesamt perfekt waren... Und ob nicht eine Kontrolle am Tag weiterhin reichen würde, da das Baby ja offensichtlich gut versorgt war. Wäre anders nicht zu organisieren, meinte sie. Wie schnell konnte sich denn der Zustand zuspitzen oder gefährlich werden? Wollte mein Mann wissen. Entrüstet starrte sie uns an, konnte aber keinerlei befriedigende Antwort liefern. Ich entschied, gegen ärztlichen Rat, nicht stationär zu bleiben und dreimal am Tag zum CTG in die Klinik zu fahren. Wir mussten eine Erklärung zur Absicherung der Ärztin unterschreiben und fuhren nach einem weiteren tadellosen CTG nach Hause.

Am nächsten Morgen meldete ich mich wie besprochen per Telefon, um die Termine für's CTG zu besprechen. Die überaus patzige Antwort: "Nein nein, Sie sind gegen ärztlichen Rat nach Hause gefahren und bekommen daher nur ein CTG und einen Doppler". Da ich nun also als Nicht-Übernachtungsgast nicht genügend Geld in die Kasse brachte, waren drei CTGs am Tag auf einmal nicht mehr dringend notwendig. Natürlich hatte man mich aber am Abend vorher in dem Glauben gelassen, diese dreimal am Tag könnten durchgeführt werden... Ich fuhr also in dem Glauben nach Hause, alle Untersuchungen wahrnehmen zu können. Ich verstehe, dass es im Klinik-Alltag vielleicht nicht allzu leicht zu organisieren ist, drei dieser Untersuchungen in einen vollen Terminplan zu quetschen, aber was macht man denn im Notfall?? Oder wenn nur ein CTG geschrieben werden soll, dann schickt mich doch einfach in eine Arztpraxis?? Das Handeln der Ärzte in diesem Fall will mir überhaupt nicht in den Kopf gehen. Ist es für Mutter und Kind wirklich ratsam drei Tage bei 40 Grad, ohne Klimaanlage in einer vollen Klinik zu liegen, nur um dreimal am Tag diese Kontrolle durchzuführen? Vor allem da es überhaupt keinen Anlass zur Besorgnis gab. Das Baby war sehr gut entwickelt (sogar ca. 1 Woche voraus) und es gab keinerlei Anzeichen einer drohenden Mangelversorgung. Nur dieser eine Wert war eben erhöht... 

Ich entschied ins Salzburger LKH zu fahren, um eine zweite Meinung einzuholen. Schon am Telefon meinte der Arzt, wenn es wirklich nur um diesen einen Wert ginge, würden vermutlich Kontrollen alle paar Tage reichen. Und siehe da, die freundliche Hebamme und Ärztin hatten komischerweise Zeit ein CTG und eine Untersuchung einzuschieben. Und wir stellten fest, dass der Wert nun wieder völlig normal war. Auch alles andere das in diesem Zusammenhang stehen konnte (Größe, Gewicht, Bewegungen, Fruchtwasser...) sah wunderbar aus. Ach ja, das CTG war auch gut. ;) Trotzdem machten wir mit einem Tag Abstand noch eine Untersuchung aus - auch hier alles wunderbar. Was bleibt ist eine relativ gestresste Mami, ein 5x geschalltes, nervöses Baby und das ungute Gefühl es könnte jeden Moment etwas Schlimmes passieren und man sollte sich am Besten 24h überwachen lassen. Das hat mir eine Woche intensives Nachforschen, was nun der Grund für diesen willkürlich erhöhten Wert sein könnte, gebracht.

Versteht mich nicht falsch, ich mache mir schon Sorgen und ich will auf jeden Fall alles erdenkliche tun, um sicherzustellen dass es unserem Kind auch gut geht. Aber ich kann auch schwanger mein Hirn nicht ausschalten und blind auf die Anweisungen von Ärzten und Hebammen vertrauen. Mein Gefühl für unser Baby war gut, aber mir wurde tagelang immer wieder eingeredet, dass dieser "interessante medizinische Fall" so nicht bekannt war (weil er normalerweise im Zusammenhang mit einer Wachstumsretardierung auftritt) und man das immer wieder überprüfen müsste. Natürlich haben wir alles wieder und wieder checken lassen, aber die Traunsteiner Sichtweise kann ich beim besten Willen nicht teilen. Hier hatte ich doch stark das Gefühl, dass gerade ein Bett frei war und man mit mir die Möglichkeit sah, mehr Geld zu machen als mit ambulanten Untersuchungen. Das geht für mich gar nicht! Zu meiner Abneigung gegenüber diesem Krankenhaus muss ich auch sagen, dass eben dieses mir zu Beginn meiner Schwangerschaft aufgrund nicht "in der Norm" erhöhter HCG-Werte eine Eileiterschwangerschaft diagnostizierten und mir noch in derselben Woche einen Termin zum Abbruch anboten... Mein Grundvertrauen in die Ärzte dort ist also nicht besonders hoch.

Auch verstehe ich nicht, warum uns Ärzte oft das Gefühl vermitteln, als Schwangere in ständiger Gefahr zu schweben es könnte etwas nicht stimmen. Es ist gut dass wir die medizinischen Möglichkeiten haben, aber ich denke mittlerweile, wir untersuchen ZU viel, ZU oft. Für meinen Körper fühlt es sich völlig natürlich an mit diesem Kind zu wachsen und es zu versorgen, deshalb vertraue ich auch darauf dass er mir ein Zeichen gibt, wenn etwas unternommen werden muss.

"(...) Damit will ich sagen, dass Eltern an ihrer Eigenverantwortung und an dem Vertrauen in ihr Kind und in die Natur festhalten sollen. Das Kind wird rechtzeitig ein Zeichen setzen, wenn es geboren werden muss, weil im Mutterleib keine optimale Versorgung mehr möglich ist. Eltern sollten in dieser Situation hellhörig, aber auch zuversichtlich sein. Frauen sind zum Gebären geboren und zur Erhaltung unserer Spezies, aber nicht zum Sterbenlassen der Ungeborenen. (...)", schreibt Ingeborg Stadelmann im Buch "Die Hebammen-Sprechstunde".

Versorgung und Überwachung ja, aber ein bißchen Vertrauen in den eigenen Körper und das Kind, denke ich, muss man sich auch bewahren. Wir werden nun weiter jede Woche nachsehen lassen, ob alles ok ist. Aber für die 24h-Überwachung verlasse ich mich auf meinen Körper und mein Kind. ;)

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